Drecksarbeit. Materialitäten, Semantiken und Praktiken von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart

Drecksarbeit. Materialitäten, Semantiken und Praktiken von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart

Veranstalter
German Labour History Association (GLHA) in Kooperation mit dem Fritz-Hüser-Institut für Literatur und Kultur der Arbeitswelt, der Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Hans-Böckler-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung
Veranstaltungsort
Museum für Kunst und Kulturgeschichte in Dortmund
PLZ
44137
Ort
Dortmund
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
13.11.2024 - 15.11.2024
Deadline
23.10.2023
Von
Mareen Heying

Im Mittelpunkt der dritten Konferenz der German Labour History Association (GLHA) stehen geistes- und gesellschaftswissenschaftliche, v.a. historische Zugänge zu "Drecksarbeit" von der Frühen Neuzeit bis zum 21. Jahrhundert.

Drecksarbeit. Materialitäten, Semantiken und Praktiken von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart

Soziale Hierarchien, gesellschaftliches Ansehen und kulturelles Kapital werden nicht zuletzt über Arbeit bzw. berufliche Tätigkeiten verhandelt. Sie werden symbolisch hervorgehoben durch Codes wie die Farbe des Hemdkragens oder semantische Chiffren wie „Drecksarbeit“. Als sogenannte Drecksarbeit gelten allgemein Tätigkeiten, von denen angenommen wird, dass ihre Ausübung mit Widerwillen geschieht, dass sie sozial bzw. moralisch fragwürdig sind, oder dass sie mit widrigen Arbeitsumständen verbunden sind. Drecksarbeit wird als „disgusting or degrading“ gewertet (Simpson: Embodying Dirty Work, 2018). Sie auszuführen, kann bedeuten, Arbeit unter schwierigen und prekären Bedingungen zu leisten, in physischen Kontakt mit abjekter Materie zu treten und für diese Tätigkeit stigmatisiert oder sogar kriminalisiert zu werden.

Deutlich wird: Die sogenannte Drecksarbeit ist ein Zuschreibungsphänomen, das Fragen nach Materialitäten und Semantiken, nach kulturellen Praktiken und Ökonomien aufwirft. Sie eröffnet einen gesellschaftlichen Diskurs, der auch in Literatur, Bildender Kunst und Medien gestaltet, geprägt und verhandelt wird. Die strukturelle Bedeutung von als „Drecksarbeit“ eingeordneten Tätigkeiten wird dagegen vor allem dann sichtbar, wenn sie nicht mehr reibungslos ausgeführt werden, etwa wenn die Müllabfuhr oder die Pflegekräfte streiken.

Als Selbst- oder Fremdzuschreibung dient „Drecksarbeit“ der Etablierung und Legitimierung von Hierarchien. Bei der Untersuchung von „Drecksarbeit“ stellt sich unmittelbar die Frage nach Relationen und Zuschreibungen zwischen Akteur:innen, Kontexten, Materialitäten und Praktiken: Wer bezeichnet in welchem Kontext etwas als „Drecksarbeit“; welche Bilder werden von „Drecksarbeit“ und ihren Subjekten gezeichnet; welche Hierarchien, Machtverhältnisse und Beziehungskonstellationen entstehen dabei oder begünstigen Zuschreibungsprozesse; welche Grenzziehungen von Differenz und Fremdheit werden dabei sichtbar? Bereiche wie die der Sexarbeit, des Müll- oder Pfandsammelns, aber auch andere Arbeitsfelder, wie z.B. Reinigungsarbeiten, bieten sich an, um über Fragen nach der Bedeutung von Dreck, und dem vermeintlichen Gegensatz oder Korrelationen zwischen „schmutziger“ und „sauberer“ Arbeit nachzudenken – so etwa auch im Fall der Computerarbeit, die als sauber gilt, aber Dreck produziert.

Folgende Fragen könnten im Rahmen der interdisziplinären Konferenz adressiert werden: Wann und wie werden Tätigkeiten in verschiedenen historischen Kontexten, in Erzählungen und Medien als „Drecksarbeit“ konnotiert? Was wird dabei als Dreck verstanden – und wer oder was bestimmt darüber, was als „Drecksarbeit“ gilt? Welche Korrelationen und Verhältnisse lassen sich zwischen race, class, gender, (dis)ability, Alter und „Drecksarbeit“ ausmachen und wie lassen sie sich beschreiben? Wie hat sich die Wahrnehmung von sogenannter Drecksarbeit seit der Frühen Neuzeit bis heute gewandelt, welche Verschiebungen gab es angesichts des sich ebenfalls wandelnden subjektiven und gesellschaftlichen Umgangs mit Dreck oder Schmutz? Welche subjektiven Umgangsstrategien mit Stigmatisierungen werden thematisiert? Wird „Drecksarbeit“ zukünftig sichtbarer auf einem globalen Arbeitsmarkt mit unsicheren und prekären Arbeitsbedingungen?

Wir begrüßen Beiträge, die den Blick über den Nationalstaat und den Globalen Norden hinaus erweitern, etwa durch eine transnationale/globalhistorische Perspektive auf sogenannte Drecksarbeit. Dabei können die Beiträge die oben aufgeworfenen Fragen berücksichtigen, jedoch auch darüberhinausgehende Fragen aufwerfen.
Für die interdisziplinäre Konferenz „Drecksarbeit. Materialitäten, Semantiken und Praktiken von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart“ sind Beiträge aus dem gesamten Spektrum der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften willkommen, insbesondere der Geschichtswissenschaft, Literatur- und Kulturwissenschaft und Soziologie. Die Konferenzsprache ist Deutsch, englischsprachige Beiträge sind möglich.

Reisekosten und Unterkunft werden für Vortragende übernommen.

Organisationsgruppe der Konferenz:

- Iuditha Balint (Fritz-Hüser-Institut für Literatur und Kultur der Arbeitswelt)
- Mareen Heying (Düsseldorf)
- Vanessa Höving (FernUniversität in Hagen)
- Bernd Hüttner (Rosa-Luxemburg-Stiftung)

Ein Abstract mit etwa 400 Wörtern und ein kurzes akademisches CV (maximal eine Seite) sind bis zum 23. Oktober 2023 zu senden an: Mareen Heying (mail@mareenheying.de) und Vanessa Höving (vanessa.hoeving@fernuni-hagen.de).

Rückmeldungen zu den Einreichung werden bis Ende November 2023 verschickt.

https://www.germanlabourhistory.de/
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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Englisch, Deutsch
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